Möttingen

Jochen Kirchner Fotodesign

Die Grafen von Oettingen verkauften 1323 ihre Möttinger Besitzungen nebst dem Vogteirecht, dem Kirchensatz (Patronatsrecht) und dem Zehnten an den Deutschen Orden zu Ellingen, so dass sie zunächst nur mehr die Landeshoheit und die hohe Gerichtsbarkeit behielten; doch bekamen sie im Laufe der Zeit, namentlich durch die Einbeziehung des Klosters Zimmern, wieder so viele Anwesen von Möttingen, dass ihr dortiger Besitz dem des Deutschen Ordens fast gleichkam. Die Rechtsverhältnisse wurden 1516 durch einen Vertrag neu geregelt.

Von der alten, ursprünglich dem heiligen Georg geweihten Kirche ist noch der abgemauerte, dann aber wieder freigelegte und 1896 hübsch erneuerte Chor erhalten, dessen Hochaltar von 1630 fast lebensgroße Bildnisse von drei Heiligen trägt. Der untere Teil des mit einem einmal unterbrochenen Pyramidendach gekrönten Turmes stammt in der Hauptsache noch aus dem Anfang, der Chor vom Ende des 15. Jahrhunderts. Das um 1770 neu gebaute Schiff, ein einfacher Saal, ist gegen den Chor durch ein Gitter abgeschlossen, vor dem ein kleiner neuer Altar steht. Im Inneren eine Pietà von 1500 und ein Abendmahl von 1480 in Holz. Über dem Haupteingang erweisen an der Außenseite zwei stattliche Wappenreliefs die ehemalige Zugehörigkeit zum Deutschen Orden.  

Dem Deutschorden bereitete die Einführung der Reformation große Schwierigkeiten und man setzte einen Messpriester nach dem anderen ein, bis es dem Grafen Ludwig XIV. von Oettingen und seinem Bruder Wolfgang in Harburg gelang, in vielen Riesorten, darunter auch Möttingen, den evangelischen Glauben durchzusetzen, obwohl die Kirche 1629-1634 wieder in die Hände der Katholiken kam.

1818 wurde die Leonhardskapelle, die am Südende des Dorfes stand, wegen Baufälligkeit abgebrochen. Sie muss spätestens im 15. Jahrhundert entstanden sein, denn aus dem Jahr 1506 ist ein Vergleich erhalten, mit dem sich Oettingen und Ellingen über die Besetzung dieses Benefiziums einigen.

Im Schmalkaldischen Krieg war Möttingen von den Kaiserlichen besetzt. Im 30jährigen Krieg wurde Möttingen zweimal, 1634 und 1643 größtenteils verwüstet. In den Napoleonischen Kriegen wurde Möttingen 1806 von Marschall Davoust zum Hauptquartier gemacht. Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Möttingen mehrmals von den Jagdbombern angegriffen. Auf dem Rückzug wurden am 22. April 1945 von der deutschen Wehrmacht die Eisenbahnbrücken Hall- und Egerbrücke, gesprengt. Die Hallbrücke war eine schöne steinerne Bogenbrücke.

Wappenbeschreibung: Geteilt; oben in zwei Reihen Eisenhutfeh in Rot und Gold, unten in Silber ein schwarzes Tatzenkreuz.

Wappenführung seit: 1959

Rechtsgrundlage: Beschluss des Gemeinderats und Zustimmung des Innenministeriums

Beleg: Entschließung des Innenministeriums vom 13.8.1959

Ehemalige Gemeinden mit eigenem Wappen: Balgheim, Appetshofen, Kleinsorheim und Enkingen.

Die Möttinger Trassbarone

Die Ausläufer des Schwäbischen Juras liefern besonders in der Gegend von Bollstadt und Amerdingen außerordentlich gutes Baumaterial, zur Herstellung von Zement hervorragend geeignetes Gestein. Darum entstand auch das Trasswerk in
Möttingen, das Tag für Tag tausende von Zentnern Zement und Trassgestein bahnverladend in die Welt sandte. Die Aktien dieses Werkes stiegen mehr und mehr im Kurs und waren sehr begehrt. Die Möttinger Bauern erkannten das sehr bald, denn mancher Acker wurde zu hohem Preis an das Werk verkauft. Die Geschäftstüchtigen unter ihnen wollten reich werden wie Barone. Aber alles Irdische ist vergänglich. Das galt auch in diesem Fall. Auf einmal wurde der Betrieb eingestellt, weil dies die Aktionäre beschlossen hatten. Handel und Wandel standen still. Die Leute, die sich ein Eldorado erträumt hatten, waren um ihre Hoffnungen betrogen: die Geschäftsleute, die Gewerbetreibenden, auch die Landwirte, besonders aber die Arbeiter. Und da es auch verarmte Barone gibt, der Spott aber kein Mitleid kennt, kam mehr und mehr der Ausdruck »Trassbarone« auf.

H. D. nach: Chr. Gruber, Alerheim, 1929

Ein weiterer Name wird den Möttingern angedichtet:

Die Nebel(ein)fasser

Nebel sind im korngesegneten Ries leider fast so häufig, wie draußen in der benachbarten Donautalung, dem berüchtigtsten Nebelloche Bayerns. Der Nebel steht da einem oft so dicht vor der Nase, dass man glaubt, ihn mit den Händen fassen zu können, oder dass man, wie man auch sagt, mit der Sense kaum durchmähen kann. Gegen das ärgerliche Übel wollten die Möttinger Bauern, die früher dafür bekannt waren, dass sie nicht bloß die längsten Zipfelkappen, sondern wenn er käme auch den größten Weisheitszahn hätten, erfolgreiche Abhilfe schaffen. Als eines Tages in der Heuernte wieder einmal ein fürchterlicher Nebel einfiel, so dass man vom Dorf nicht zum Kirchturm hinaufsehen konnte, suchten die Leute schnell alle alten Säcke, Fässer und Kisten zusammen und eilten hinaus, um den Nebel einzufassen. Stundenlang mühten sie sich ohne Entmutigung. Ein günstiger Zufall fügte es, dass gegen Vormittag die Sonne auf ein paar Augenblicke durchbrach und die Nebelballen sich etwas verzogen, so dass man den nahen Rollenberg erblicken konnte. Da riefen sie voll stolzer Zuversicht einander zu: Aha, sind wir schon so weit! Doch ihre Freude war von kurzer Dauer. Plötzlich setzte sich der Nebel wieder und so viel sie auch wühlten und mit ehrlichem Eifer sich plagten, sie konnten den Nebel nicht in die Fässer bringen und alle Mühe und alles Geschick war umsonst.  

aus: »Bayerisches Schelmenbüchlein«, 1911